Wie Sie Lose-Lose-Situationen in Konflikten schaffen

Tja, in der Theorie heißt es bei Konflikten immer, es ginge um Win-Win-Lösungen. In der Praxis scheint es mir mitunter aber ganz anders. Jedenfalls sieht es für mich häufig so aus, als wäre eine Win-Win-Lösung das Letzte, was bei Konflikten angestrebt wird. Deshalb habe ich heute für jene etwas sehr Nützliches mitgebracht, die da sagen: Konfliktlösung will ich nicht; ich will, dass Konflikte eskalieren; ich will Wut; ich will Trauer; ich will Trennung!: Nämlich die vier goldenen Lose-Lose-Regeln!

Regel Nummer 1:
Schließen Sie von einzelnen Verhaltensweisen unbedingt auf die ganze Person!

Eine erfreulicherweise sehr leicht umzusetzende Regel, die von den meisten auch schon recht gut beherrscht wird: Ihr Kollege ist nicht einfach nur zehn Minuten zu spät, er ist unzuverlässig! Ihr Nachbar hat nicht einfach nur die Musik sehr laut an: Nein, er ist ein rücksichtsloses Schwein! Wenn Sie diese Regel konsequent berücksichtigen und entsprechend vorbereitet in den Konflikt gehen, ist das schonmal die halbe Miete für die Eskalation.

Regel Nummer 2:
Emotionale Erpressung!

Spielen Sie mit den Gefühlen anderer. Diese Regel eignet sich hervorragend, um sich kurzfristig durchzusetzen und langfristig ein hinreichend tiefes Grab für die Beziehungen zu Ihren Mitmenschen zu schaufeln. Will Ihr Partner nicht den gleichen Kinofilm schauen wie Sie oder hat er wieder die Zahnpastatube offengelassen? Dann ziehen Sie nicht nur ein trauriges Gesicht, sondern zeigen Sie Ihre tiefen Zweifel an der Beziehung: „Du, ich frag mich manchmal, ob das mit uns beiden wirklich einen Sinn macht…“ Das gleiche funktioniert auch am Arbeitsplatz sehr zuverlässig. Ihr Mitarbeiter macht Ihnen nicht genug Überstunden? Erwähnen Sie doch im entsprechenden Kontext mal ganz beiläufig: „Ach Übrigens, man munkelt, dass die Geschäftsführung Personal abbauen will…“

Regel Nummer 3:
Vergessen Sie Authentizität!

Als Beispiel folgende Situation: Sie haben am Freitag als letzter das Büro verlassen, aber vergessen, die Kopierer auszuschalten. Ihr Chef, der offensichtlich mit dem falschen Bein aufgestanden ist, brüllt Sie völlig ungehalten an: „Wie können Sie so verantwortungslos sein?“ Jetzt blos nicht intuitiv reagieren, sondern Wort für Wort an der deutschen Ratgeberliteratur orientieren: „Herr Meier, Sie sagen, ich sei verantwortungslos. Wenn ich das höre, fühle ich mich ärgerlich, weil mein Bedürfnis nach Respekt nicht befriedigt wird. Ich wünsche mir von Ihnen, dass Sie ruhiger mit mir sprechen.“ Nur wenn Sie Pech haben, ist der Chef nun komplett verwirrt; wahrscheinlicher wird er versuchen, Sie zu erwürgen.

Regel Nummer 4 vorzüglich:
Bleiben Sie immer streng bei der Sache, auch wenn es nicht um die Sache geht!

Dazu wieder ein Beispiel: Sie sollen sich mit Ihrem Kollegen über die Wandfarbe für den neuen Büroanstrich einigen. Eigentlich ist Ihnen die Farbe herzlich egal, aber Sie wollen sich natürlich auf keinen Fall bevormunden lassen. Bleiben Sie deshalb unbedingt scheinbar engagiert beim Thema: Argumentieren Sie, dass die Farbe Rot aggressiv macht und dass die Farbe Blau kalt wirkt und Gäste abschrecken würde. Und das Grün sowieso nicht geht. Glückwunsch, egal wie der Streit ausgeht: Sie haben diesen Nebenkriegsschauplatz bestens genutzt, um künftige Konflikte noch heftiger ausfallen zu lassen! Der eigentliche Konflikt (wie werden Entscheidungen getroffen?) wird garantiert nicht berührt, da brauchen Sie keine Angst zu haben, das versichere ich Ihnen.

 

Nein, Leute, ich bin nicht verbittert. Ich will nur darauf aufmerksam machen, was bei Konflikten alles schieflaufen kann. Die Punkte, die ich genannt habe, können in Kontroversen nämlich immer wieder beobachtet werden: Wir schließen laufend von einzelnen Verhaltensweisen auf die ganze Person, wir lassen zwischen den Zeilen Drohungen durchklingen und während wir unbedingt alles richtig machen wollen, vergessen wir dabei, authentisch zu bleiben. Regel Nummer 4 ist womöglich die Tragischste, denn da wird leidenschaftlich gestritten um etwas, um daß es gar nicht geht…

Meine Empfehlung daher:

Ab und zu mal zurücklehnen, durchatmen und innerlich bis zehn zählen. Dann fällt es plötzlich wieder leicht, fünf gerade sein zu lassen und damit das eigentliche Ziel nicht aus den Augen zu verlieren.

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